Morgen findet im SO36 die Veranstaltung „Dialog mit der Jugend“ statt – benannt nach einem Selbstporträt des Künstlers Martin Kippenberger. Darauf zu sehen sein bandagierter Kopf samt zugeschwollenen Augen und gebrochener Nase. Kurz zuvor wurde Kippenberger von Kreuzberger Punks zusammengeschlagen, weil er als neuer Geschäftsführer des SO36 die fast schon legendär niedrigen Bierpreise ebenjenes Clubs erhöht hatte. Wie sie wohl auf die wuchernde Gentrifizierung (und Bierpreise) reagiert hätten, die gerade in den letzten Jahren die Kulturlandschaft kräftig ins Wanken bringen ?
Die drei morgigen Konzerte helfen sicher dabei, den Zeitgeist – und damit auch das Mittel der Selbstermächtigung – der 80er-Jahre in West-Berlin nachzuempfinden.
Da wäre allen voran die Formation um Patrick Wagner Gewalt, die der häufig rezipierten Dekade in Bezug auf Intensität, Rigorosität und Zügellosigkeit um nichts nachstehen kann. Nach einem GEWALT-Konzert weiß der Besucher jedenfalls, was Katharsis bedeutet.
Den Popentwurf von Die Kerzen könnte man fast schon als Antithese begreifen. Sie stehen am gegenseitigen Pol der 80er, dem New Romantic. Die Musikgattung trug dazu bei, dass sich Pop endlich mit dem eigenen Kitsch und der eigenen Trivialität versöhnte, indem ebenjene Merkmale mit geschliffenem Sound, funkelnden Anzügen und üppigen Haartollen auf die Spitze getrieben wurden. Die Kerzen geben dem morgigen Abend eine gewisse Zartheit – und das ist gut so.
It’s a Bloody Kippenberger. So lautet ein Songtitel der Band The Aim of Design is to Define Space und auch sonst – die Formation in ihrer ungemeinen Formenvielfalt ist eine Band-gewordene Kippenberger-Werkschau. Seit 2001 gibt es diese Gruppe, deren Haltung eigentlich immer dem Underground der 80er-Jahren entnommen war. Georg von Tokio Hotel trug im Fernsehen stolz einen Kapuzenpullover der Formation, Ben Becker sprang einst während eines Konzerts auf die Bühne, um lauthals mitzusingen. Sie können sich nicht irren.
Der Einlass für den Konzertabend beginnt um 19 Uhr.